Opel Insignia - Letzter einer Ära
Als letzter unter General Motors entwickelter Opel weilte der Insignia jahrelang noch als Zeuge vergangener Zeiten im Modellprogramm. Rückblick auf einen echten Rüsselsheimer.
Lächelnd betritt die Stewardess die Economyclass. Sie zieht den Vorhang zur Businessclass zu, blickt zu Boden und sieht einen Opel-Schlüssel da liegen. «Entschuldigen Sie, hat jemand von Ihnen seinen Autoschlüssel verloren?», fragt sie die Günstig-Flieger routiniert-genervt. Auf geht der Vorhang und Kult-Fussballtrainer Jürgen Klopp strahlt aus der Businessclass: «Jep, das ist meiner.» Subtil wie ein Vorschlaghammer, diese Werbung zum ersten Insignia. Aber sie zeigt, was Opel zu der Zeit war und wohin man mit dem Insignia wieder wollte.
Überhäuft mit Auszeichnungen
Mit leichtem Schaudern denkt man an seine Vorgänger Vectra C und Signum zurück. Letzterer konnte immerhin noch die Rolle als Individualist für sich beanspruchen. Mit den Verkaufszahlen und der Qualitätsanmutung sah es aber bei beiden mau aus. Den Wandel sollte ab 2008 der Insignia bringen. Etwas grösser, etwas teurer, aber vor allem viel moderner und wertiger. Schon sein Design war kein Vergleich zu den angestaubt wirkenden, doch recht langweiligen Vectra C und Signum.
Die erste Generation des Opel Insignia wirkt auch 15 Jahre nach ihrem Erscheinen noch recht modern.
Nichts mehr sollte an sie erinnern, selbst der Name wurde geändert. Insignia bedeutet so viel wie «Wappen», eines neuen Aushängeschilds würdig. Und es klappte, von Anfang an wurde Opels neuer Grosser mit Auszeichnungen überhäuft. Darunter der «Car of the Year Award 2009» und der «Red Dot Design Award 2009», um nur die wichtigsten zu nennen. Der Insignia brachte Highlights wie ein Frontkamerasystem in die Mittelklasse. «Opel Eye» nannte man es selbstbewusst, es vereinte Spurhalteassistenten und Verkehrszeichenerkennung. Auch Nobelextras wie klimatisierte Vordersitze fand die Kundschaft in der Aufpreisliste.
Alles, was das Herz begehrt
Der wahre Clou für viele war aber die ungewöhnlich grosse Vielfalt an Antrieben und Karosserievarianten, die Opel beim Insignia anbot. Gleich zum Marktstart hatten die Rüsselsheimer nicht nur eine konventionelle, viertürige Limousine in petto, sondern auch ein fünftüriges Fliessheck mit oben angeschlagener, grosser Heckklappe. Kurz danach folgte der Kombi namens Sports Tourer. Doch damit nicht genug.
Drei verschiedene Karosserieversionen bot Opel vom Insignia an: Limousine (vorne), Fliessheck mit oben angeschlagener Heckklappe und Kombi.
Ab 2013 kam der Country Tourer hinzu. Eine höhergelegte, kunststoffbeplankte Kombi-Version mit Unterfahrschutz für all jene Abenteurer, die partout kein SUV fahren wollten. Je nach Karosserieversion konnte man sich nach Lust und Laune seinen Antriebsmix zusammenstellen. Benziner oder Diesel, Vorder- oder Allradantrieb, Handschaltung oder Automatik, Einstiegs-Vierzylinder oder properer Turbo-V6.
Als heisser OPC war der Insignia eine Knacknuss für Audi S4 und BMW 335i.
Letzteren verpflanzte Rüsselsheim auch in den Insignia OPC. 2,8 Liter Hubraum, 325 PS und 435 Nm Drehmoment, Allrad und wahlweise mit Handschaltung gesegnet, war hier richtig Alarm angesagt. Als Unlimited-Version rannte er bis zu 270 km/h. Auf den meisten Märkten blieb er ein Exot, bei uns Power-Kombi-Narren fand er ordentlich Anklang.
Der Insignia ist ein Weltstar
2013 gönnte Opel dem Insignia ein Facelift. Einzug hielten Teil-LED-Leuchten sowie eine aufgefrischte Armaturentafel mit neuem Infotainment. Damit wurde die Knopfwüste beseitigt, mit der Opel die Kundschaft zu der Zeit auch in anderen Modellen plagte. Bis 2017 blieb die erste Insignia-Generation im Modellprogramm und verkaufte sich über die Bauzeit fast eine Million Mal. Das Modell hat sich für die damalige Konzernmutter GM aber nicht nur deswegen gelohnt.
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Der Insignia war nämlich ein echtes Weltauto. In Australien wurde er unter dem mittlerweile eingestellten Markennamen Holden vertrieben, in Grossbritannien kannte man ihn als Vauxhall, Nordamerika bekam ihn als Buick Regal aufs Auge gedrückt. Und damit sind bloss die baugleichen Versionen abgedeckt. Die Plattform steckte nämlich auch unter Saab 9-5 II, Cadillac XTS, Chevrolet Impala und vielen anderen GM-Modellen jener Zeit.
Kurzes Gastspiel von Nummer 2
Beim Insignia der zweiten Generation war der GSi das höchste der sportlichen Gefühle, einen OPC gab es nicht mehr.
Die zweite Generation des Insignia kam pünktlich zur Übernahme durch den französischen PSA-Konzern und war mit weniger Vielfalt gesegnet. Es entfielen der OPC und die viertürige Limousine. Rein strategisch ein nachvollziehbarer Schachzug. Ein Verkaufsrenner war die Sportversion nie und die Limo machte beim Vorgänger nur rund ein Fünftel der Verkäufe aus. Für Fans aber bitter, fortan war der GSi mit 230 PS starkem Vierzylinder das Höchste der Gefühle. Dafür investierte man in die Technik. Bis zu 200 Kilogramm Gewichtsersparnis, Mehrlenkerhinterachse und optionaler, variabler Allradantrieb standen auf der Habenseite.
Insignia Nummer drei könnte schon 2024 kommen
Nach dem Wechsel zu PSA und schliesslich Stellantis wurden die Opel-Modelle nach und nach auf Konzernplattformen umgestellt, bis der Insignia schliesslich als einziges Modell noch von GM-Zeiten zeugte. 2022 war dann auch damit Schluss, seither fehlt es Opel wieder an einem echten Flaggschiff. Ein Insignia C könnte 2024 kommen, dann auf der elektrifizierten Plattform von Peugeot 508 und DS 9. Trotz Gleichteilen gelingt dem Megakonzern Stellantis die Abgrenzung der einzelnen Marken gut. Man darf also die Hoffnung hegen, dass auch Insignia Nummer drei wieder ein echter Opel werden und die Bewerbung durch Fussballprominenz nicht nötig haben wird.
Text: Moritz Doka
Bilder: Opel