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Italien gegen England

Ein Italiener, ein Brite – und ein Duell der Emotionen. Mitten in der flirrenden Hitze Italiens steht ein Redaktor vor dem Aston Martin Vanquish Volante, der all seine Überzeugungen infrage stellt.

Veröffentlicht am 15.10.2025

Italien. Irgendwo zwischen knochentrockenen Rebstöcken, Zikadengesang und dem Duft von sonnengewärmtem Staub. In mir: ein innerer Konflikt, weil vor mir: ein Auto, azurblau wie das Meer an der Amalfi-Küste, innen in jenem Blau, das meine italienische Nationalmannschaft trägt. Nur eines macht mir zu schaffen: Er ist Brite. Ein Italiener gegen zwölf britische Zylinder. Redaktor gegen Aston Martin Vanquish Volante.

Ich bin Italiener. Mit allem, was dazugehört: Leidenschaft, Espresso im Stehen und der tiefen Überzeugung, dass die schönsten Fahrzeuge aus der Emilia-Romagna kommen. Ferrari, Lamborghini, Pagani und Ducati – das sind keine profanen Hersteller, das ist Religion. Ingenieurskunst mit Temperament, Maschinen mit Seele.

Doch nun eben ein Aston Martin Vanquish Volante. Britisches Understatement mit einer Stimme, die klingt wie Sean Connery nach einem Single Malt. Die Motorhaube so lang, dass man beim Einparken Zeitverschiebung befürchten muss. Die Linien – brutal, dramatisch und doch fliessend. Doch das alles ohne aerodynamische Verkünstelungen und billige Showeffekte. Alles an diesem Auto sagt: Ich bin anders – aber ich will dir gefallen. Und obwohl ich als Redaktor der Neutralität verpflichtet bin, weiss ich schon beim ersten Knopfdruck: Diese Fahrt wird emotional.

Charaktereigenschaften

Die Strasse vor mir ist ein Versprechen – kurvig, verlassen, sinnlich. Der V12 erwacht mit einem kehlig-rauen, würdevollen Grollen. Im Bedarfsfall entfesselt dieser Antrieb 614 kW/835 PS über die Hinterachse. Doch bevor sich das Standbild in Bewegung verwandelt, müssen drei Knöpfe gedrückt werden. Knopf eins – logisch – für das Verdeck, Knopf zwei für offene Auspuffklappen und Knopf drei für die Deaktivierung der Fahrassistenten.

Wir rollen los. Noch zurückhaltend. Der GT-Modus gleitet dahin. Die Lenkung ist präzise, das Fahrwerk wie ein Gentleman: straff, aber höflich. Geschwindigkeit im Aston Martin Vanquish Volante ist relativ. Zu langsam ist man nie, zu schnell dafür sehr bald. Doch im Gegensatz zu anderen Fahrzeugen geschieht das fast beiläufig. Kein Tritt ins Kreuz – sondern ein kultivierter, unnachgiebiger Schub. Die feinen Vibrationen des Antriebs übertragen sich auf den gesamten Körper.

Im Sportmodus schärfen sich die Sinne: Die Gasannahme wird fordernder, die Drehzahlen steigen. Sport+ scheint ausschliesslich für die Rennstrecke bestimmt zu sein. Doch ehrlich gesagt passen diese wilden Programme nur bedingt zum Wesen des Fahrzeugs. Kurvenausgänge mit zu hohen Drehzahlen landen in Quertreibereien oder in den elektronischen Fängen. Das akustische Plöppen und Rotzen bei Schaltvorgängen erinnert eher an GTI und M2 als an britische Noblesse.

Ich passe mich an. Lerne die Sprache des Aston Martin. Gleite mit flüssigen Bewegungen am Lenkrad über den Asphalt, der
sich wie breite Tagliatelle durch die Hügel zieht. Je schneller, desto satter liegt er auf der Strasse. Kreisrunde Tafeln mit Zahlen? Keine Verbote, sondern Empfehlungen. Minimaler Bremseinsatz, maximaler Genuss. Der Vanquish Volante fliegt tief.

Time-out

Die Sonne senkt sich, das Licht wird golden, die Trauben am Strassenrand werfen lange Schatten. Ich halte an. Der Aston Martin Vanquish Volante grummelt vor sich hin. Ja, ich liebe fast alles, was aus dem Land des Stiefels stammt. Doch in diesem Moment gehört mein Herz dem Briten.

Dem Klang. Dem Charakter. Der noblen Haltung mit Mut zum Anderssein. Er überzeugt einen mehr als ein 12Cilindri aus Maranello. Der Aston Martin Vanquish Volante hat mich überzeugt – durch seinen Charakter. Er ist anders. Und das reicht manchmal, um sich wirklich zu verlieben. 

 

Bilder: Aston Martin

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