

Audi Sport Quattro – wie ein wildes Tier
Die Rallye-Gruppe B war so wild, dass sie nach vier Jahren verboten wurde. Star dieser verrückten Ära war der Audi Sport Quattro – ein Monster mit Strassenzulassung. Eines der rund 220 Homologationsfahrzeuge hat sogar noch mehr Dampf unter der Haube.
Rallye-Legende Walter Röhrl brachte es einst auf den Punkt: «Der Audi Sport Quattro S1 war kein Auto – das war ein Tier. Aber wenn du es gebändigt hast, war es unschlagbar.» Und wer könnte das besser beurteilen als Röhrl selbst, der mit einem Audi Quattro S1 als Erster den Pikes Peak unter elf Minuten bezwang? Der Audi Sport Quattro war der Hammer, der die Welt des Rallyesports zertrümmerte.
Vom Iltis zum Ikonenstatus

Alles begann mit einem VW Iltis, den Audi Ende der 1970er-Jahre im Wintertest einsetzte. Dabei erkannte man das Potenzial des Allradantriebs auch für Strassenfahrzeuge. Besonders der Quattro-Prototyp überzeugte den Vorstand: Während andere Autos mit Schneeketten mühsam kämpften, pflügte der Prototyp mühelos den verschneiten Hang hinauf – auf Sommerreifen! So erhielt das Projekt grünes Licht. Bis heute steht der Name «quattro» für Sicherheit, Dynamik und Innovation.

Vorsprung durch Technik
Der Audi Quattro wurde im März 1980 auf dem Genfer Autosalon vorgestellt. Basierend auf dem Audi Coupé B2 war seine grösste Revolution der permanente Allradantrieb – eine Premiere im Serienbau. Das zentrale Mittendifferenzial mit Sperrfunktion regelte die Kraftverteilung zwischen Vorder- und Hinterachse – ein technischer Meilenstein.

Im Gegensatz zu den bisherigen zuschaltbaren Systemen erlaubte der Quattro sportliches Fahren auf jedem Untergrund – Asphalt, Schotter, Schnee. Das machte ihn nicht nur im Alltag, sondern auch im Motorsport zum Pionier.
Allrad im Motorsport

Unter der Haube: ein 2,1-Liter-Fünfzylinder-Turbo mit 147 kW (200 PS). Breite Kotflügel, markanter Heckspoiler, kantige Linien – der Quattro sah so bissig aus, wie er fuhr. Zwischen 1980 und 1991 liefen über 11 500 Exemplare vom Band. Schon 1981 gewann Audi erste Rallyes, 1982 die Markenwertung, 1983 den Fahrertitel mit Hannu Mikkola. Danach schlug die Stunde des Sport Quattro.

Der Kurze
Nur 220 Homologationsmodelle – plus vier Ersatzteillager auf Rädern – baute Audi vom Sport Quattro. «Der Kurze», wie er intern hiess, war 320 Millimeter kürzer und auf pure Leistung getrimmt. Premiere feierte er an der IAA 1983, die Auslieferung startete im Dezember 1984. Mit 225 kW (306 PS), Leichtbau aus Aramid- und Epoxid-Verbundwerkstoffen von der Schweizer Firma Seger & Hoffmann, ein aerodynamisches Kit – der Sport Quattro war ein Hightech-Geschoss für die Strasse.

Sportec Quattro – der Über-Kurze

Als wäre 1 von 220 nicht schon rar genug, legte Sportec noch eine Schippe drauf. Dieses Exemplar war ursprünglich Tornadorot, wurde in Kopenhagenblau umlackiert – und leistet dank optimiertem Steuergerät, grösserem Turbo und neuer Abgasanlage satte 269 kW (366 PS) sowie 433 Nm Drehmoment. Statt des originalen Fünfgang-Getriebes erhielt der Sportec-Quattro ein manuelles Sechsgang-Getriebe und dazu eine leistungsstärkere Bremsanlage. Einzigartig – auch im Wert.

Ein Audi zum Preis von zwei Porsche
Schon 1985 kostete «der Kurze» knapp 200 000 D-Mark – damals das teuerste deutsche Serienauto. Zum Vergleich: Ein Porsche 911 Turbo war nur halb so teuer. Schuld an der Preisklasse waren nicht Exzesse, sondern die teuren Leichtbauteile.

Heute ist der Sport Quattro das Goldstück jeder Sammlung. Gut erhaltene Exemplare erzielen das Vielfache des ursprünglichen Preises. Kein Wunder – dieses Auto hat den Rallyesport für immer verändert. Welche Legende kann das schon von sich behaupten?
Text: Jürg Zentner
Bilder: Christian Lienhard (lienhardbildwerke.ch)


