

Es gibt Autos, die man einfach selbst fahren will. Auch wenn sie wie der Audi S8 so verpackt sind, dass man eigentlich genau das nicht mehr tun müsste. Zumindest wenn man einen gezügelten Chauffeur an seiner Seite hat und man es sich hinten bequem machen kann. So richtig sogar, wenn man im Konfigurator die richtigen Häkchen beispielsweise für das Fondsitz-Paket gesetzt hat – natürlich lässt sich auf Wunsch beinahe alles individuell heizen, kühlen, massieren, verstellen. Dann werden aus den 169'500 Franken in der Basis ziemlich schnell über 200'000 Franken. Aber darum geht es im Grunde gar nicht. Vor allem nicht in dieser Preisklasse.
Ein Auto für Selbstfahrer
Der Audi S8 ist deswegen anders, weil man ihn auch unbedingt selbst fahren möchten – anders als beispielsweise der Plattformbruder Bentley Flying Spur. Beides sind sie auf ein Höchstmass an Komfort getrimmte Luxuslimousinen, nur aber wird der Audi seinem S-Label dann nicht nur auf der Geraden gerecht. Wo sich der Flying Spur in Kurven mehr wie ein Schiff mit Seegang anfühlt, hat man im S8 auf Knopfdruck stets das Messer zwischen den Zähnen.
Die Konsequenz, die der Audi im Dynamik-Modus an den Tag legt, ist in Anbetracht des Gewichts von weit über zwei Tonnen und den massiven Aussenabmessungen mehr als beeindruckend. Und sie überrascht. Bügelt die aktive Luftfederung im Modus Komfort+ nahezu jede Unebenheit weg – fast, aber nicht ganz so effektiv wie im Bentley -, stemmt sie sich bei rasanter Fahrt regelrecht in den Asphalt. Hinzu kommen die durch den Allradantrieb stets überragende Traktion und das zusätzliche Gefühl von Agilität durch die Hinterachslenkung. Dass der Audi dabei gerne über 15 l/100 km schluckt, ist logisch. Auf der Autobahn sind dann aber auch problemlos unter neun Liter möglich.
Überzeugende Kernattribute
Ein grosser Teil der positiven Gesamtwahrnehmung ist dem brachialen V8-Motor geschuldet. Wozu der Vierliter imstande ist, zeigt allein die breite Palette, in der er im Konzern zum Einsatz kommt. Primär in den sportlichen Modellen natürlich, aber nicht nur. Dem Audi S8 gelingt es, beide Kernattribute eines Motors unter einen Hut zu bringen – massig Leistung bei schnellem Ansprechverhalten also, ohne dabei zu fordern und dadurch nervös zu wirken. Einziges Zugeständnis ist die Kalibrierung des 8-Gang-Wandlergetriebes. Zwar butterweich und nahtlos, jedoch schaltet es beim Durchtreten des Gaspedals nur nach einer halben Ewigkeit zurück – meist fällt das durch das monströse Drehmoment von 800 Nm jedoch gar nicht ins Gewicht.
Wenn dann etwas kommt, dann richtig. Die 420 kW (571 PS) katapultieren die Limousine in 3,8 Sekunden von 0 auf 100 km/h, wird selbst geschaltet, dann sind auch die Durchzugswerte atemberaubend. Hinzu kommt ein Klang, der für diese Art von Auto überraschend kernig und präsent ausfällt.
Nicht überall ganz auf der Höhe
Ansonsten werden Geräusche weitgehend von der Fahrerkabine ferngehalten. Und man kann tatsächlich darüber streiten, ob alles den Anforderungen in Anbetracht des horrenden Preises entspricht – wir denken da vor allem an die vielen Klavierlackelemente, das nicht sehr exklusive Lenkrad oder die teilweise mangelhafte Funktion der Assistenten –, letztendlich geht es aber um Prestige und kompromisslosen Komfort in allen Belangen. Dass Audi diese Eigenschaften in ein so fahraktives Gesamtkonzept verpackt, ist lobenswert genug.
«So vielseitig sind längst nicht mehr alle S-Modelle unterwegs. Dumm nur für alle Chauffeure, denn den Audi S8 will man definitiv selbst fahren – wenn man denn das Geld hat.»
Technische Daten Audi S8
V8-Benziner, 48-Volt-Mildhybridsystem, 3996 cm3, 420 kW/571 PS bei 6000/min, 800 Nm bei 2050–4500/min, Achtgang-Wandlergetriebe, Allradantrieb, 12,1 l/100 km (WLTP), 274 g/km CO2, Effizienz G, Test: 11,9 l/100 km, 0–100 km/h 3,8 s, Spitze: 250 km/h, Radstand: 2998 mm, Spur v./h.: 1629/1614 mm, Reifen v./h.: 265/35 R21, L/B/H: 5190/1945/1475 mm, Leergewicht: 2515 kg, Zuladung: 615 kg, Anhängelast: 2300 kg, Ladevolumen: 505 l, Preis: 215'450 Franken
Text: Cédric Heer
Bilder: auto-illustrierte/Markus Kunz