Very hot – Ford Pickup Hot Rod
Als dieser Ford Pickup 1933 das Fliessband der heiligen Produktionshallen in Detroit verliess, kümmerte sich Henry Ford noch höchstpersönlich um die Qualität und Zuverlässigkeit der Fahrzeuge. Es waren jene Tage, als auch Bonnie & Clyde in einem V8-Ford die USA unsicher machten. Und das ist erst der Anfang der Geschichte.
Was hat dieser Ford Pickup mit Bonnie & Clyde zu tun? Viel mehr, als man auf den ersten Blick meint. Er wurde just in jenen Tagen gebaut, als das Gangsterpärchen zur Legende wurde.
Ihr bevorzugtes Fluchtfahrzeug war ein Ford V8. 1934 erhielt Henry Ford ein ungewöhnliches Kunden-Feedback in Form eines Briefes. Darin pries ein gewisser Clyde Barrow die Vorzüge des Ford V8 als Fluchtautos. Ob das Dokument echt ist oder nur ein guter PR-Gag von Henry Ford war, darüber scheiden sich die Geister. Nicht jedoch über die Zuverlässigkeit der Ford Automobile aus dieser Zeit. Immerhin sind viele Ford aus den 1930er Jahren immer noch oder wieder auf der Strasse – vorzugsweise als Hot Rod.
Heisser Pleuel
Über die Vorgeschichte des 1933 gebauten Ford Pickups ist nichts bekannt. Weder wer ihn gekauft hat, noch wofür er eingesetzt wurde. Die Dokumentation des Fahrzeugs begann erst 1958, als er in den Besitz eines gewissen J. Camper kam, der den ersten grossen Umbau zum Hot Rod machte. Hot Rod heisst eigentlich “heisser Pleuel” und kam in den 1940er Jahre auf, als insbesondere Teenager die alten Autos ihrer Eltern oder abgerockte Occasionen aus den 1920er und 1930er Jahren leichter und schneller machen wollten, in dem sie Kotflügel, Trittbretter, Motorhauben etc. abschraubten. Auch dieser Ford Pickup Hot Rod verlor im Zuge des Umbaus diese “überflüssigen” Elemente. Dafür bekam er einen Buick V8 mit 6,6 Liter Hubraum verbaut.
Berühmter Vorbesitzer Larry Ofria
1967 wurde der Ford Pickup von Larry Ofria in Kalifornien gekauft. Der legendäre Motorenbauer und Besitzer von Valley Head Service war spezialisiert auf Zylinderköpfe, die er in den 1960er Jahren unter anderem auch für Carroll Shelby und Edelbrock fertigte. Larry Ofria hat das Fahrzeug nochmals komplett auseinandergenommen, restauriert und modifiziert. Der Hot Rod hatte immer eine Strassenzulassung, auch wenn Ofria damit Viertelmeilen-Rennen fuhr. Cooler kann eine Autobiografie nicht sein.
Bürgermeister Parade
2010 kam der Hot Rod in den Besitz von A. Zolnekoff, der Bürgermeister von Whittier, California. Er wechselte die Räder und baute den Motor neu auf, inklusive Edelbrock-Vergasern. Zolnekoff fuhr das Fahrzeug bei jeder Parade in seiner Stadt.
Dort entdeckte ihn ein Schweizer, der auch viele Monate in den USA wohnt. Als der Hot Rod Fan den Pickup sah, musste er ihn einfach haben. Der Basler importierte 2014 den Ford Pickup in die Schweiz. Zuvor musste er viele Abklärungen treffen. Das wichtigste Dokument war dabei der FIVA-Pass, der die Historie des umgebauten Fahrzeuges bis 1958 nachvollziehen kann. Damit war klar, dass es sich nicht um einen neuen Umbau handelt, sondern dass der Ford Pickup Hot Rod als solches ein historisches Fahrzeug ist. Dazu gehört auch der offene Motorraum – eigentlich ein absolute MFK-No-Go.
Bevor der Pickup in die Schweiz kam, nahm er in den USA an Treffen teil, wo er unter anderem von Jay Leno bestaunt wurde.
Seit dem Import vor zehn Jahren nimmt der Besitzer, der lieber anonym bleiben will, immer wieder an Oldtimer-Treffen teil. Dazu gehören auch Achtel-Meilen-Rennen, für deren Einsatz der Hot Rod schliesslich gebaut wurde und schon vor 65 Jahren gefahren ist.
Der heutige Besitzer besuchte vor einigen Jahren den Zylinder-Guru Larry Ofria in Kalifornien. Er teilte ihm mit, dass er den Ford Pickup Hot Rod gekauft und in die Schweiz importiert habe. Die Freude Ofrias war so gross, dass der Motorenbauer sogleich einen Ordner aus dem Regal holte, der die Restauration des Fahrzeuges dokumentierte. Leider starb Larry Ofria im August 2024.
Wo immer der Hot Rod auftaucht, ist er ein Hingucker der Sonderklasse. Der Pickup sieht nicht nur atemberaubend aus, sondern tönt auch spektakulär: purer, ungefilterter V8-Sound. Im V8-Buick Motor steckt noch so viel Leistung und Kraft wie damals. Der Besitzer schwärmt ausserdem vom Fahrgefühl, das mit der Dreigang-Automatik einfach zum Cruisen einlädt. Das Beste zum Schluss: Der Hot Rod ist verkäuflich und kann bei der Cartech in Chur bestaunt werden.
Text: Jürg Zentner
Bilder: Christian Lienhard (lienhardbildwerke.ch)