Barockes Schwert mit Schockfaktor
Restomods sind in, egal ob Aston Martin, Porsche, Jaguar oder Mercedes-Benz, viele kleine Manufakturen packen Retrooptik und moderne Technik zusammen und hängen da ein fettes Preisschild dran. Und dies scheint eine eher moderne Erscheinung zu sein, aber jener Schein trügt; Excalibur hatte dieses Prinzip schon in den frühen 60er Jahren erkannt. Ein Erstkontakt.
Es ist der blanke Horror. Erhöhter Puls, schwitzige Hände, vermutlich geweitete Pupillen. Dieses sind nicht die Nebenwirkungen von einem nicht fertig getesteten Medikament gegen die Schlafkrankheit, sondern jene eines 1981er Excaliburs. Und der Name passt wie ein vier Kilo schwerer Kabaschlüssel ins Schloss von einem, naja, Schloss? Denn, so fährt sich nämlich dieses Auto auch, wie ein Langschwert, subtil wippend im Fels einer habsburgerischen Burg. Die ersten 500 Meter aus dem engen Dorf raus drehe ich fast durch, in der Angst, dass ich entweder aus Versehen eine Mehrparteienliegenschaft in Trümmer lege oder einen bis dato unsichtbaren Radfahrer vor den Kühler packe und mich die nächsten dreissig Minuten über ein verhaltenes Geschrei vom Kühlergrill her wundere, bevor es der arme Kerl über den massiven Kühler schafft und mich mir hochrotem Kopf zur Hölle flucht. Die Fahrt durch das enge Dorf scheint wirklich so, als ob man irgend so ein glorifiziertes Schwert aus einem Stein zieht, um ehrenhalber König von Oktanistan zu werden.
Passt in keinen Innenspiegel: Eine Orgie an Chrom, Kotflügeln und Käferblinkern.
Aber, das alles legt sich. Denn plötzlich wird diese motorisierte Monstrosität zu sowas wie einem normalen Auto. Die Übersicht ist zwar immer noch auf dem Niveau eines Containerschiffs, und das mag sicherlich auch für den Verbrauch gelten, aber wir werden langsam Freunde. Ich gewöhne mich an die gefühlt drei Meter lange Motorhaube und die davorliegen fünfzig Zentimeter fantasiere ich mir einfach dazu, damit ich eben nicht in ungewollten Kontakt mit dem Rest der Welt komme. Dies würde im ersten Moment in die Kaltverformung der wuchtigen Stossstange resultieren, danach wurde man es nur krachen und splittern hören, denn die schwungvolle Karosse des Excalibur besteht nämlich aus Kunststoff. Vermutlich, weil damals niemand Stahl in diesen Dimensionen am Stück liefern konnte, ohne in Schwierigkeiten zu geraten.
Die Haubenlänge entspricht gefühlt jener eines Seat Ibiza als Ganzes.
Und wenn wir gerade bei der schwungvollen Karosse sind, diese ist eine unverblümte Kopie eines Mercedes-Benz 540k aus den 30er Jahren. Zumindest in Teilen, man hat sich damals bei Excalibur die Freiheit genommen, das Konstrukt noch ein wenig zu strecken, als ob der Schlitten im Original noch nicht gross genug gewesen wäre. Aber für agil geführte Kämpfe hat der Excalibur nicht getaugt, dafür war der kleine Fünfliter Vergaser-V8 mit seinen ungefähren 150 PS einfach nicht geeignet, es war als ob dieses lange, schwere Schwert in den Händen eines asthmatischen Hobbits lag. Bei diesem hier abgebildeten Exemplar hatte man da etwas geändert, einfach mal eine sechs Liter grosse Maschine aus einer Corvette rein, TH400R Getriebe dazu, fertig war sowas wie eine Waffe. Wenn auch eine sehr unpräzise, grobe und schwere Waffe. In den Händen von Conan, dem (besoffenen) Barbaren.
Wieviel Show möchten Sie an dem Auto haben? Ja, bitte mit allem was sie da haben.
Und so cruist man mit diesem Langschwert bevorzugt über Landstrassen. Das enge Schweizer Dorf ist nicht unbedingt das Schlachtfeld eines Excaliburs, dafür sind seine Dimensionen einfach zu üppig und vor allem, zu unübersichtlich. Wer dennoch irgendwann in eine 30er Zone einbiegt wird feststellen, dass das Auto vor allem Kiefer zuverlässig herunterklappt. Da drehen sich Leute auf dem Gehsteig plötzlich um, bleiben stehen und vor allem, haben entweder ein Lachen oder das blanke Entsetzen im Gesicht. Wobei das blanke Entsetzen überwiegt. Der Gegenverkehr rückt freiwillig an den Strassenrand. Das Auto ist ein Erlebnis sondergleichen, nicht nur aus fahrdynamischer Sicht, vor allem eben auch im Bezug auf die soziale Umgebung. Der Introvertierte wird damit keine Freude haben, schon der nächste Tankstopp wird zum Social Happening. Wer aber die ultimative Show anstrebt, der sollte sich so ein Schwert in die Garage packen. Das müsste dann aber eine ziemlich grosse Garage sein.
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Vor allem nachts glänzt dieses Auto. Vor allem deswegen, weil dann weniger Verkehr und damit mehr Platz vorhanden ist.
Man könnte jetzt hier über diesen, vermutlich ersten Restomod abziehen bis es kracht. Die Verarbeitung ist eigentlich unterirdisch. Die Alltagstauglichkeit ist ein, wenn auch ein ziemlich guter, Witz mit Benefits. Man kann über dieses Auto spotten soviel man überhaupt mag, aber dennoch. Der Excalibur ist eine Grösse, nicht nur physikalisch bzw. metrisch. er markiert sowas wie einen Ursprung, Restomods haben heute Hochkultur und es ist nicht von der Hand zu weisen, dieses vulgäre und vor allem, sehr amerikanische Gerät hat sich seinen Platz in der Automobilgeschichte gesichert. Wenn auch mit etwas roher Gewalt.
Text & Bilder: Markus Kunz